Vom Erkennen zum Handeln
Theorie und Praxis
Der Übergang vom Erkennen zum Handeln geht immer mit einem Verlust an kritischer Offenheit einher. Beim Handeln ist es nämlich nicht förderlich, jetzt noch fundamentale Zweifel geltend zu machen. — Wer zu handeln beginnt, wechselt von der Theorie zur Praxis und ist dann nicht mehr unbeteiligt.
Es geht jetzt weniger ums Verstehen, sondern um ein Handeln mit Absichten und Zielen. Daher ist generelle Kritik nicht mehr angebracht, denn das würde in Widersprüche führen. — Zaudern ist daher ein Zeichen, daß wir uns unserer Sache noch nicht sicher sind.

Inspiration (1898).
Entscheidend ist ein Wechsel der Perspektiven. Der vormals noch unbeteiligte Zuschauer muß seine vormalige Position aufgeben, um ins Geschehen eingreifen zu können. Aber dann ist es kaum mehr möglich, zugleich das ganze Geschehen weiter kritisch zu betrachten. — Aber es geht auch nicht mehr um Erkennen und Verstehen. Beim Handeln setzen wir andere Schwerpunkte, denn wir sind dann auf Gelingen aus.
Wir sind dann in einem Prozeß, den wir selbst angestoßen haben. Dann kommt es weniger darauf an, was wir gedacht, erahnt oder befürchtet haben, sondern was ist und werden soll. — Im Unterschied zum Erkennen, setzt das Handeln ganz eigene Präferenzen. Darauf sollte sich gerade auch die Selbstkritik einstellen, denn jetzt kann Kritik stärken oder auch schwächen.
Die Initiative, der erste Schritt ist stets ein besonderes Ereignis. Infolgedessen kommt es zur Palastrevolution im eigenen Selbst. Die Aufmerksamkeit muß eine andere werden, weil jetzt die eigene Praxis auf dem Spiel steht. — Fortan spielt sich unsere Wirklichkeit nicht mehr allein in der Vorstellung ab, sondern in der Welt. Handeln ist eine Welt für sich, daher zählen vor allem praktische Perspektiven.
Dann erleben wir uns von ungewohnter Seite. Sich selbst dabei beizustehen, ist wesentlich. — Das Selbst hat die Aufgabe, die unterschiedlichen Perspektiven unseres Bewußtseins immer wieder neu zu organisieren. Sobald wir zum Handeln übergehen, müssen wir uns vergewissern können, worauf es eigentlich ankommen soll.
Aufmerksamkeit muß angemessen sein. Derweil ist die Praxis erfüllt von einem besonderen Augenmerk für entscheidende Momente. Dazu gehören Erfahrung, Urteilsfähigkeit und vor allem Inspiration.