Selbsterkenntnis

John Col­lier (1850–1934): Col­lier: Priest­ess of Del­phi (1891). — Quel­le: Public Domain via Wikimedia.

„Erkenne Dich selbst“

Der berühm­te Spruch war über dem Ein­gang zum Tem­pel des Apol­lon in Del­phi ange­bracht. Dort resi­dier­te das berühm­te Ora­kel, zu dem die Fra­ge­stel­ler oft auch in offi­zi­el­lem Auf­trag von weit­her kamen. 

Eine Tem­pel­prie­ste­rin, die Pythia saß auf einem Drei­spitz über einer Erd­spal­te, aus der nar­ko­ti­sie­ren­de Dämp­fe her­vor­tra­ten, so daß sie in Trance ver­fiel. Daher hat sie oft eher gemur­melt, so daß sie von Prie­stern inter­pre­tiert wer­den mußte. 

Hin­ter den Kulis­sen wirk­te eine Prie­ster­schaft, die sich auf das Ora­kel­we­sen offen­bar sehr gut ver­stand. Anson­sten hät­ten Fra­ge­stel­ler nicht jahr­tau­sen­de­lang die­ses Ora­kel immer wie­der aufgesucht.

Kom­ple­xe Anfra­gen wur­den schrift­lich ein­ge­reicht und auch schrift­lich beant­wor­tet. — Nor­mal­sterb­li­chen ant­wor­te­te die Pythia nur mit „Ja“ oder „Nein“. 

Es kommt also dar­auf an, die rich­ti­gen Fra­gen zu stel­len. Dazu wäre es aber erfor­der­lich, sich zunächst ein­mal mit Selbst­er­kennt­nis näher zu befassen.

Zwangs­läu­fig kommt die Fra­ge nach dem „Selbst“ auf. Dar­in liegt auch die Vor­aus­set­zung, sich selbst ori­en­tie­ren oder auch umori­en­tie­ren zu kön­nen. Das ist die Stun­de für Dia­lo­ge über Phi­lo­so­phie in der Erwar­tung, sie möch­te anstel­le des Ora­kels sprechen. 

Aber dazu ist es erfor­der­lich, in den Tie­fen der eige­nen Per­son nach den Struk­tu­ren zu suchen, von denen alles ande­re getra­gen wird.