Heinz-Ulrich Nennen | www.nennen-online.de

ZeitGeister | Philosophische Praxis

Akademie für Philosophische Psychologie

Vom Erkennen zum Handeln

Theorie und Praxis

Der Über­gang vom Erken­nen zum Han­deln geht immer mit einem Ver­lust an kri­ti­scher Offen­heit ein­her. Beim Han­deln ist es näm­lich nicht för­der­lich, jetzt noch fun­da­men­ta­le Zwei­fel gel­tend zu machen.—Wer zu han­deln beginnt, wech­selt von der Theo­rie zur Pra­xis und ist dann nicht mehr unbeteiligt. 

Es geht jetzt weni­ger ums Ver­ste­hen, son­dern um ein Han­deln mit Absich­ten und Zie­len. Daher ist Kri­tik wie zuvor nicht mehr ange­bracht, denn es wür­de in Wider­sprü­che füh­ren.—Zau­dern ist daher ein Zei­chen, daß wir uns unse­rer Sache viel­leicht noch nicht sicher sind. 

Wil­liam-Adol­phe Bouguereau:
Inspi­ra­ti­on (1898).

Ent­schei­dend ist ein Wech­sel der Per­spek­ti­ven. Der vor­ma­li­ge Zuschau­er muß sei­ne Posi­ti­on auf­ge­ben, um ins Gesche­hen ein­zu­grei­fen. Aber dann ist es kaum mehr mög­lich, das Gesche­hen noch kri­tisch zu betrachten.—Aber es geht auch nicht mehr um Erken­nen und Ver­ste­hen. Beim Han­deln set­zen wir ande­re Schwer­punk­te, denn wir sind dann auf Gelin­gen aus. 

Wir sind dann in einem Pro­zeß, den wir selbst ange­sto­ßen haben. Dann kommt es weni­ger dar­auf an, was wir gedacht, erahnt oder befürch­tet haben, son­dern was ist und wer­den soll.—Im Unter­schied zum Erken­nen, setzt das Han­deln ganz eige­ne Prä­fe­ren­zen. Dar­auf soll­te sich gera­de auch die Selbst­kri­tik ein­stel­len, denn jetzt kann Kri­tik stär­ken oder auch schwächen. 

Die Initia­ti­ve, der erste Schritt ist stets ein beson­de­res Ereig­nis. Infol­ge­des­sen kommt es zur Palast­re­vo­lu­ti­on im eige­nen Selbst. Die Auf­merk­sam­keit muß eine ande­re wer­den, weil jetzt die eige­ne Pra­xis auf dem Spiel steht.—Fort­an spielt sich unse­re Wirk­lich­keit nicht mehr allein in der Vor­stel­lung ab. Das Han­deln ist jedoch eine Welt für sich, daher zäh­len prak­ti­sche Perspektiven.

Dann erle­ben wir uns von unge­wohn­ter Sei­te. Sich selbst dabei bei­zu­ste­hen, ist wesent­lich.—Das Selbst hat die Auf­ga­be, die unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven unse­res Bewußt­seins immer wie­der neu zu orga­ni­sie­ren. Sobald wir zum Han­deln über­ge­hen, müs­sen wir uns ver­ge­wis­sern kön­nen, wor­auf es eigent­lich ankom­men soll.

Auf­merk­sam­keit muß ange­mes­sen sein. Der­weil ist die Pra­xis erfüllt von einem beson­de­ren Augen­merk für ent­schei­den­de Momen­te. Dazu gehö­ren Erfah­rung, Urteils­fä­hig­keit und vor allem Inspiration.


Was ist Bewußtsein?

Beobachtung, Bewertung und Beurteilung 

Unse­re Spra­che macht uns vie­les mög­lich: Wir kön­nen ein­an­der durch Erzäh­len mit­tei­len, was wir erlebt und erfah­ren haben.—Allein durch Zuhö­ren läßt sich bereits man­ches ler­nen.

Gastón Charó: Obras sob­re papel (2020). Via: Wikimedia.

Wir kön­nen vie­les zum Objekt unse­rer Beob­ach­tun­gen machen. Es zäh­len dabei nicht nur die gemach­ten Erfah­run­gen, son­dern auch die Art und Wei­se, wie etwas in Erfah­rung gebracht wurde. 

Dar­über hin­aus las­sen sich nicht nur Wahr­neh­mun­gen, son­dern auch Selbst­wahr­neh­mun­gen zur Spra­che brin­gen. Wir arbei­ten dabei mit Über­tra­gun­gen, um uns beim Ver­ste­hen an die Stel­le ande­rer ver­set­zen zu kön­nen.—Der Dia­log ist die Königs­dis­zi­plin sol­cher Begeg­nun­gen, die tief­grei­fend sein können.

Sobald neue Erfah­run­gen ins Spiel gebracht wer­den, tun sich auch neue Dif­fe­ren­zen auf.—Phänomene wer­den „von innen“ ganz anders erlebt, als wenn wir sie nur „von außen“ betrach­ten. Dann wird uns bewußt, daß wir den Stand­punkt wech­seln müs­sen, um zu verstehen. 

Es ist ein gro­ßer Unter­schied, ande­ren nur zuzu­schau­en oder aber selbst aktiv zu wer­den. Wer nur beob­ach­tet, hat zwar eher einen unvor­ein­ge­nom­me­nen Blick, aber kei­ne wirk­li­che Vor­stel­lung davon, wie es ist, selbst zu handeln.—Zu han­deln bedeu­tet, einen Ent­schluß zu fas­sen, der dann aber auch kri­ti­siert wer­den kann. 


Im Dialog

Schwebendes Denken

Spra­che erlaubt uns, ein­zel­ne Sicht­wei­sen und Urtei­le der Rei­he nach durch­zu­spie­len. Jede ein­zel­ne Hin­sicht soll ihren gro­ßen Auf­tritt haben.—Ver­ste­hen ist eine beson­de­re Wei­se des Miteinanderseins. 

Paul Klee: Aben­teu­rer­schiff (1929).

Im Dia­log zele­brie­ren wir unser Ein­füh­lungs­ver­mö­gen, jeder ein­zel­nen Per­spek­ti­ve ihre Eigen­art zuzugestehen.—Verstehen ist aller­dings mit viel Auf­wand ver­bun­den, daher fra­gen wir uns oft, ob es aus­sichts­reich sein kann, uns auf neue Per­spek­ti­ven näher einzulassen. 

Ent­schei­dend sind umfas­sen­de Ein­blicke in die Hin­ter­grün­de. Wir erwar­ten schließ­lich von uns einen hohen Grad an Auf­merk­sam­keit, um dann sou­ve­rän dar­auf zu reagieren.—Unser Bewußt­sein erlaubt uns, von uns selbst zu wis­sen, daß und was wir wissen. 

Daher spielt Spra­che eine außer­or­dent­li­che Rol­le. In Dia­lo­gen und Dis­kur­sen ver­stän­di­gen wir uns dar­über, wie sich Wahr­neh­mun­gen machen las­sen, was sie bedeu­ten und wie mit mög­li­chen Wider­sprü­chen umge­gan­gen wer­den kann.—Jedes Bewußt­sein lebt in einer eige­nen Welt und man­che davon sind eigentümlich. 

Das Durch­spie­len von Mög­lich­kei­ten und das Erwä­gen ent­schei­den­der Hin­ter­grün­de ist eine anspruchs­vol­le Kunst, die ihre Anre­gun­gen von weit her­holt. Aber dazu ver­fü­gen wir über Mythen, Sym­bo­le und Geschich­ten, so daß es mög­lich ist, jede davon als eige­ne Innen­welt zu erleben.

Aller­dings haben neue Per­spek­ti­ven oft auch etwas Ket­ze­ri­sches. Sie neh­men nicht die gebo­te­ne Rück­sicht auf eta­blier­te Stan­dards und gehen statt­des­sen unvor­ein­ge­nom­men vor. — Sie möch­ten sich bewäh­ren, was oft zu Über­ra­schun­gen führt, mit denen nie­mand rech­nen konnte. 

Dazu müs­sen mit­un­ter fun­da­men­ta­le Äng­ste über­wun­den wer­den, weil man­cher Gedan­ke an etwas rührt, das viel­leicht noch nie zur Spra­che gebracht wurde.—Das wie­der­um kön­nen jedoch vie­le gar nicht ertra­gen. Sie möch­ten bei einem mög­lichst ein­fa­chen, oft auch beim bereits gefäll­ten Urteil bleiben. 

In neu­em Licht betrach­tet wirkt man­ches höchst bedroh­lich. Des­halb ist es so bedeu­tend, sich auf den Weg zu bege­ben, um die neu­en Erfah­run­gen nicht nur zu machen, son­dern auch zu ver­ste­hen. — Wir kön­nen gan­ze Wel­ten in Erfah­rung brin­gen und erläu­tern, war­um sie sich wie ver­hal­ten. Aber die­se Viel­falt bringt auch Unsi­cher­heit mit sich.

Hin­ter den Kulis­sen steht das „Selbst”, es sorgt sich um Inte­gri­tät. Wir sind in Geschich­ten ver­strickt und set­zen sie auch wie Mas­ken auf, weil wir ins selbst anhand unse­rer Geschich­ten verstehen.—Wir iden­ti­fi­zie­ren uns mit unse­rem Selbst und sei­ner Geschich­te. Mit­hil­fe die­ser Instanz ver­su­chen wir uns auf Selbst­kon­zep­te, die im Dia­log gesucht und durch­ge­spielt werden.


Selbsterkenntnis

John Col­lier (1850–1934): Col­lier: Priest­ess of Del­phi (1891).—Quelle: Public Domain via Wikimedia.

„Erkenne Dich selbst“

Der berühm­te Spruch war über dem Ein­gang zum Tem­pel des Apol­lon in Del­phi ange­bracht. Dort resi­dier­te das berühm­te Ora­kel, zu dem die Fra­ge­stel­ler oft auch in offi­zi­el­lem Auf­trag von weit­her kamen. 

Eine Tem­pel­prie­ste­rin, die Pythia saß auf einem Drei­spitz über einer Erd­spal­te, aus der nar­ko­ti­sie­ren­de Dämp­fe her­vor­tra­ten, so daß sie in Trance ver­fiel. Daher hat sie oft eher gemur­melt, so daß sie von Prie­stern inter­pre­tiert wer­den mußte. 

Hin­ter den Kulis­sen wirk­te eine Prie­ster­schaft, die sich auf das Ora­kel­we­sen offen­bar sehr gut ver­stand. Anson­sten hät­ten Fra­ge­stel­ler nicht jahr­tau­sen­de­lang die­ses Ora­kel immer wie­der aufgesucht.

Kom­ple­xe Anfra­gen wur­den schrift­lich ein­ge­reicht und auch schrift­lich beantwortet.—Normalsterblichen ant­wor­te­te die Pythia nur mit „Ja“ oder „Nein“. 

Es kommt also dar­auf an, die rich­ti­gen Fra­gen zu stel­len. Dazu wäre es aber erfor­der­lich, sich zunächst ein­mal mit Selbst­er­kennt­nis näher zu befassen.

Zwangs­läu­fig kommt die Fra­ge nach dem „Selbst“ auf. Dar­in liegt auch die Vor­aus­set­zung, sich selbst ori­en­tie­ren oder auch umori­en­tie­ren zu kön­nen. Das ist die Stun­de für Dia­lo­ge über Phi­lo­so­phie in der Erwar­tung, sie möch­te anstel­le des Ora­kels sprechen. 

Aber dazu ist es erfor­der­lich, in den Tie­fen der eige­nen Per­son nach den Struk­tu­ren zu suchen, von denen alles ande­re getra­gen wird. 


EPG II a

Ober­se­mi­nar

EPG II a – Online

Ethisch–Philosophisches Grundlagenstudium II

SS 2023 | don­ners­tags | 14:00–15:30 Uhr | online 

Beginn: 20. April 2023 | Ende: 27. Juli 2023

Zwischen den Stühlen

Eine Rol­le zu über­neh­men bedeu­tet, sie nicht nur zu spie­len, son­dern zu sein. Wer den Leh­rer­be­ruf ergreift, steht gewis­ser­ma­ßen zwi­schen vie­len Stüh­len, einer­seits wer­den höch­ste Erwar­tun­gen gehegt, ande­rer­seits gefällt sich die Gesell­schaft in abfäl­li­gen Reden. 

Das mag damit zusam­men­hän­gen, daß jede® von uns eine mehr oder min­der glück­li­che, gelun­ge­ne, viel­leicht aber eben auch trau­ma­ti­sie­ren­de Schul­erfah­rung hin­ter sich gebracht hat.

Universe333: Yoga­Bey­ond Hon­za & Clau­di­ne Bon­di; Beach, Austra­lia 2013.—Quelle: Public Domain via Wiki­me­dia Commons.

Es sind vie­le poten­ti­el­le Kon­flikt­fel­der, die auf­kom­men kön­nen im beruf­li­chen All­tag von Leh­rern. Daß es dabei Ermes­senspiel­räu­me, Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven und vor allem auch Raum gibt, sich selbst und die eige­nen Idea­le mit ins Spiel zu brin­gen, soll in die­sem Semi­nar nicht nur the­ma­ti­siert, son­dern erfahr­bar gemacht werden.

Das Selbst­ver­ständ­nis und die Pro­fes­sio­na­li­tät sind gera­de bei Leh­rern ganz ent­schei­dend dafür, ob die vie­len unter­schied­li­chen und mit­un­ter para­do­xen Anfor­de­run­gen erfolg­reich gemei­stert wer­den: Es gilt, bei Schü­lern Inter­es­se zu wecken, aber deren Lei­stun­gen auch zu bewer­ten. Dabei spie­len immer wie­der psy­cho­lo­gi­sche, sozia­le und päd­ago­gi­sche Aspek­te mit hin­ein, etwa wenn man nur an Sexua­li­tät und Puber­tät denkt.—Mitunter ist es bes­ser, wenn mög­lich, lie­ber Projekt–Unterricht anzu­re­gen, wenn kaum mehr was geht.

Es gibt klas­si­sche Kon­flikt­li­ni­en, etwa Eltern–Lehrer–Gespräche, in denen nicht sel­ten die eige­nen, oft nicht eben guten Schul–Erfahrungen der Eltern mit hin­ein­spie­len. Aber auch inter­kul­tu­rel­le Kon­flik­te kön­nen auf­kom­men. Das alles macht neben­her auch Kom­pe­ten­zen in der Media­ti­on erforderlich.—Einerseits wird indi­vi­du­el­le För­de­rung, Enga­ge­ment, ja sogar Empa­thie erwar­tet, ande­rer­seits muß und soll gerecht bewer­tet wer­den. Das alles spielt sich ab vor dem Hin­ter­grund, daß dabei Lebens­chan­cen zuge­teilt werden.

Gera­de in letz­ter Zeit sind gestie­ge­ne Anfor­de­run­gen bei Inklu­si­on und Inte­gra­ti­on hin­zu­ge­kom­men. Auch Straf– und Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men zäh­len zu den nicht eben ein­fa­chen Auf­ga­ben, die aller­dings wahr­ge­nom­men wer­den müssen.—Ein wei­te­rer, immer wie­der aku­ter und for­dern­der Bereich ist das Mob­bing, das sich gut ›durch­spie­len‹ läßt anhand von Inszenierungen.

Es gibt nicht das ein­zig rich­ti­ge pro­fes­sio­nel­le Ver­hal­ten, son­dern vie­le ver­schie­de­ne Beweg­grün­de, die sich erör­tern las­sen, was denn nun in einem kon­kre­ten Fall mög­lich, ange­mes­sen oder aber kon­tra­pro­duk­tiv sein könn­te. Päd­ago­gik kann viel aber nicht alles. Bei man­chen Pro­ble­men sind ande­re Dis­zi­pli­nen sehr viel erfah­re­ner und auch zuständig.—Unangebrachtes Enga­ge­ment kann selbst zum Pro­blem werden. 

Wich­tig ist ein pro­fes­sio­nel­les Selbst­ver­ständ­nis, wich­tig ist es, die eige­nen Gren­zen zu ken­nen, und mit­un­ter auch ein­fach mehr Lang­mut an den Tag zu legen. Zudem wer­den die Klas­sen immer hete­ro­ge­ner, so daß der klas­si­sche Unter­richt immer sel­te­ner wird.—Inklusion, Inte­gra­ti­on oder eben Mul­ti­kul­tu­ra­li­tät gehö­ren inzwi­schen zum All­tag, machen aber Schu­le, Unter­richt und Leh­rer­sein nicht eben einfacher.

Gesell­schaft, Poli­tik, Wirt­schaft und Öffent­lich­keit set­zen zwar hohe Erwar­tun­gen in Schu­le und Leh­rer, gefal­len sich aber zugleich dar­in, den gan­zen Berufs­tand immer wie­der in ein unvor­teil­haf­tes Licht zu rücken.—Unvergessen bleibt die Bemer­kung des ehe­ma­li­gen Kanz­lers Gehard Schrö­der, der ganz gene­rell die Leh­rer als fau­le Säcke bezeich­net hat.

„Ihr wißt doch ganz genau, was das für fau­le Säcke sind.“

Die­ses Bas­hing hat aller­dings Hin­ter­grün­de, die eben dar­in lie­gen dürf­ten, daß viel zu vie­le Schüler*innen ganz offen­bar kei­ne guten Schul­erfah­run­gen gemacht haben, wenn sie spä­ter als Eltern ihrer Kin­der wie­der die Schu­le aufsuchen.

Ausbildung oder Bildung?

Seit 2001 ist das Ethisch–Philosophische Grund­la­gen­stu­di­um (EPG) obli­ga­to­ri­scher Bestand­teil des Lehr­amts­stu­di­ums in Baden–Württemberg. Es besteht aus zwei Modu­len, EPG I und EPG II.—Ziel des EPG ist es, zukünf­ti­ge Leh­re­rIn­nen für wis­sen­schafts– und berufs­ethi­sche Fra­gen zu sen­si­bi­li­sie­ren und sie dazu zu befä­hi­gen, sol­che Fra­gen selb­stän­dig behan­deln zu kön­nen. The­ma­ti­siert wer­den die­se Fra­gen im Modul EPG II.

Um in allen die­sen Kon­flikt­fel­dern nicht nur zu bestehen, son­dern tat­säch­lich ange­mes­sen, pro­blem­be­wußt und mehr oder min­der geschickt zu agie­ren, braucht es zunächst ein­mal die Gewiß­heit, daß immer auch Ermes­sens– und Gestal­tungs­spiel­räu­me zur Ver­fü­gung ste­hen. Im Hin­ter­grund ste­hen Idea­le wie Bil­dung, Ent­fal­tung der Per­sön­lich­keit, die Erfah­rung erfül­len­der Arbeit und Erzie­hungs­zie­le, die einer huma­ni­sti­schen Päd­ago­gik ent­spre­chen, bei der es eigent­lich dar­auf ankä­me, die Schü­ler bes­ser gegen eine Gesell­schaft in Schutz zu neh­men, die immer for­dern­der auf­tritt. In die­sem Sin­ne steht auch nicht ein­fach nur Aus­bil­dung, son­dern eben Bil­dung auf dem Programm.

Auf ein– und das­sel­be Pro­blem läßt sich unter­schied­lich reagie­ren, je nach per­sön­li­cher Ein­schät­zung las­sen sich ver­schie­de­ne Lösungs­an­sät­ze ver­tre­ten. Es ist daher hilf­reich, mög­lichst vie­le ver­schie­de­ne Stel­lung­nah­men, Maß­nah­men und Ver­hal­tens­wei­sen syste­ma­tisch durch­zu­spie­len und zu erör­tern. Dann läßt sich bes­ser ein­schät­zen, wel­che davon den päd­ago­gi­schen Idea­len noch am ehe­sten gerecht werden.

So ent­steht all­mäh­lich das Bewußt­sein, nicht ein­fach nur agie­ren und reagie­ren zu müs­sen, son­dern bewußt gestal­ten zu kön­nen. Nichts ist hilf­rei­cher als die nöti­ge Zuver­sicht, in die­sen doch sehr anspruchs­vol­len Beruf nicht nur mit Selbst­ver­trau­en ein­zu­tre­ten, son­dern auch zuver­sicht­lich blei­ben zu kön­nen. Dabei ist es ganz beson­ders wich­tig, die Gren­zen der eige­nen Rol­le nicht nur zu sehen, son­dern auch zu wahren.

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EPG II b

EPG II b (Online und Block)

Ethisch–Philosophisches Grundlagenstudium II

SS 2023 | Beginn: 30. Juni 2023 | Ende: 13. August 2023 | Online und Block
Ab 30. Juni 2023: 5 Semi­na­re online | frei­tags: 14:00–15:30 Uhr, sowie
3 Work­shops im Block: Fr, 11.08.2023 | Sa, 12.08.2023 | So, 13.08.2023
jeweils 14–19 Uhr | Raum: 30.91–012.

Universe333: Yoga­Bey­ond Hon­za & Clau­di­ne Bon­di; Beach, Austra­lia 2013.—Quelle: Public Domain via Wiki­me­dia Commons.

Zwischen den Stühlen

Eine Rol­le zu über­neh­men bedeu­tet, sie nicht nur zu spie­len, son­dern zu sein. Wer den Leh­rer­be­ruf ergreift, steht gewis­ser­ma­ßen zwi­schen vie­len Stüh­len, einer­seits wer­den höch­ste Erwar­tun­gen gehegt, ande­rer­seits gefällt sich die Gesell­schaft in abfäl­li­gen Reden.—Das mag damit zusam­men­hän­gen, daß jede® von uns eine mehr oder min­der glück­li­che, gelun­ge­ne, viel­leicht aber eben auch trau­ma­ti­sie­ren­de Schul­erfah­rung hin­ter sich gebracht hat.

Es sind vie­le poten­ti­el­le Kon­flikt­fel­der, die auf­kom­men kön­nen im beruf­li­chen All­tag von Leh­rern. Daß es dabei Ermes­senspiel­räu­me, Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven und vor allem auch Raum gibt, sich selbst und die eige­nen Idea­le mit ins Spiel zu brin­gen, soll in die­sem Semi­nar nicht nur the­ma­ti­siert, son­dern erfahr­bar gemacht werden.

Das Selbst­ver­ständ­nis und die Pro­fes­sio­na­li­tät sind gera­de bei Leh­rern ganz ent­schei­dend dafür, ob die vie­len unter­schied­li­chen und mit­un­ter para­do­xen Anfor­de­run­gen erfolg­reich gemei­stert wer­den: Es gilt, bei Schü­lern Inter­es­se zu wecken, aber deren Lei­stun­gen auch zu bewer­ten. Dabei spie­len immer wie­der psy­cho­lo­gi­sche, sozia­le und päd­ago­gi­sche Aspek­te mit hin­ein, etwa wenn man nur an Sexua­li­tät und Puber­tät denkt.—Mitunter ist es bes­ser, wenn mög­lich, lie­ber Projekt–Unterricht anzu­re­gen, wenn kaum mehr was geht.

Es gibt klas­si­sche Kon­flikt­li­ni­en, etwa Eltern–Lehrer–Gespräche, in denen nicht sel­ten die eige­nen, oft nicht eben guten Schul–Erfahrungen der Eltern mit hin­ein­spie­len. Aber auch inter­kul­tu­rel­le Kon­flik­te kön­nen auf­kom­men. Das alles macht neben­her auch Kom­pe­ten­zen in der Media­ti­on erforderlich.—Einerseits wird indi­vi­du­el­le För­de­rung, Enga­ge­ment, ja sogar Empa­thie erwar­tet, ande­rer­seits muß und soll gerecht bewer­tet wer­den. Das alles spielt sich ab vor dem Hin­ter­grund, daß dabei Lebens­chan­cen zuge­teilt werden.

Gera­de in letz­ter Zeit sind gestie­ge­ne Anfor­de­run­gen bei Inklu­si­on und Inte­gra­ti­on hin­zu­ge­kom­men. Auch Straf– und Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men zäh­len zu den nicht eben ein­fa­chen Auf­ga­ben, die aller­dings wahr­ge­nom­men wer­den müssen.—Ein wei­te­rer, immer wie­der aku­ter und for­dern­der Bereich ist das Mob­bing, das sich gut ›durch­spie­len‹ läßt anhand von Inszenierungen.

Es gibt nicht das ein­zig rich­ti­ge pro­fes­sio­nel­le Ver­hal­ten, son­dern vie­le ver­schie­de­ne Beweg­grün­de, die sich erör­tern las­sen, was denn nun in einem kon­kre­ten Fall mög­lich, ange­mes­sen oder aber kon­tra­pro­duk­tiv sein könn­te. Päd­ago­gik kann viel aber nicht alles. Bei man­chen Pro­ble­men sind ande­re Dis­zi­pli­nen sehr viel erfah­re­ner und auch zuständig.—Unangebrachtes Enga­ge­ment kann selbst zum Pro­blem werden. 

Wich­tig ist ein pro­fes­sio­nel­les Selbst­ver­ständ­nis, wich­tig ist es, die eige­nen Gren­zen zu ken­nen, und mit­un­ter auch ein­fach mehr Lang­mut an den Tag zu legen. Zudem wer­den die Klas­sen immer hete­ro­ge­ner, so daß der klas­si­sche Unter­richt immer sel­te­ner wird.—Inklusion, Inte­gra­ti­on oder eben Mul­ti­kul­tu­ra­li­tät gehö­ren inzwi­schen zum All­tag, machen aber Schu­le, Unter­richt und Leh­rer­sein nicht eben einfacher.

Gesell­schaft, Poli­tik, Wirt­schaft und Öffent­lich­keit set­zen zwar hohe Erwar­tun­gen in Schu­le und Leh­rer, gefal­len sich aber zugleich dar­in, den gan­zen Berufs­tand immer wie­der in ein unvor­teil­haf­tes Licht zu rücken.—Unvergessen bleibt die Bemer­kung des ehe­ma­li­gen Kanz­lers Gehard Schrö­der, der ganz gene­rell die Leh­rer als fau­le Säcke bezeich­net hat.

„Ihr wißt doch ganz genau, was das für fau­le Säcke sind.“

Die­ses Bas­hing hat aller­dings Hin­ter­grün­de, die eben dar­in lie­gen dürf­ten, daß viel zu vie­le Schüler*innen ganz offen­bar kei­ne guten Schul­erfah­run­gen gemacht haben, wenn sie spä­ter als Eltern ihrer Kin­der wie­der die Schu­le aufsuchen.

Ausbildung oder Bildung?

Seit 2001 ist das Ethisch–Philosophische Grund­la­gen­stu­di­um (EPG) obli­ga­to­ri­scher Bestand­teil des Lehr­amts­stu­di­ums in Baden–Württemberg. Es besteht aus zwei Modu­len, EPG I und EPG II.—Ziel des EPG ist es, zukünf­ti­ge Leh­re­rIn­nen für wis­sen­schafts– und berufs­ethi­sche Fra­gen zu sen­si­bi­li­sie­ren und sie dazu zu befä­hi­gen, sol­che Fra­gen selb­stän­dig behan­deln zu kön­nen. The­ma­ti­siert wer­den die­se Fra­gen im Modul EPG II.

Um in allen die­sen Kon­flikt­fel­dern nicht nur zu bestehen, son­dern tat­säch­lich ange­mes­sen, pro­blem­be­wußt und mehr oder min­der geschickt zu agie­ren, braucht es zunächst ein­mal die Gewiß­heit, daß immer auch Ermes­sens– und Gestal­tungs­spiel­räu­me zur Ver­fü­gung ste­hen. Im Hin­ter­grund ste­hen Idea­le wie Bil­dung, Ent­fal­tung der Per­sön­lich­keit, die Erfah­rung erfül­len­der Arbeit und Erzie­hungs­zie­le, die einer huma­ni­sti­schen Päd­ago­gik ent­spre­chen, bei der es eigent­lich dar­auf ankä­me, die Schü­ler bes­ser gegen eine Gesell­schaft in Schutz zu neh­men, die immer for­dern­der auf­tritt. In die­sem Sin­ne steht auch nicht ein­fach nur Aus­bil­dung, son­dern eben Bil­dung auf dem Programm.

Auf ein– und das­sel­be Pro­blem läßt sich unter­schied­lich reagie­ren, je nach per­sön­li­cher Ein­schät­zung las­sen sich ver­schie­de­ne Lösungs­an­sät­ze ver­tre­ten. Es ist daher hilf­reich, mög­lichst vie­le ver­schie­de­ne Stel­lung­nah­men, Maß­nah­men und Ver­hal­tens­wei­sen syste­ma­tisch durch­zu­spie­len und zu erör­tern. Dann läßt sich bes­ser ein­schät­zen, wel­che davon den päd­ago­gi­schen Idea­len noch am ehe­sten gerecht werden.

So ent­steht all­mäh­lich das Bewußt­sein, nicht ein­fach nur agie­ren und reagie­ren zu müs­sen, son­dern bewußt gestal­ten zu kön­nen. Nichts ist hilf­rei­cher als die nöti­ge Zuver­sicht, in die­sen doch sehr anspruchs­vol­len Beruf nicht nur mit Selbst­ver­trau­en ein­zu­tre­ten, son­dern auch zuver­sicht­lich blei­ben zu kön­nen. Dabei ist es ganz beson­ders wich­tig, die Gren­zen der eige­nen Rol­le nicht nur zu sehen, son­dern auch zu wahren.

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Sprache, Macht und Hintersinn

Am Anfang war das Wort

Es spricht eini­ges für die mythisch moti­vier­te Spe­ku­la­ti­on, daß am Anfang und noch vor Erschaf­fung der Welt, bereits das Wort vor­han­den gewe­sen sein muß. 

Tat­säch­lich läßt sich die Hypo­the­se nur schwer abwei­sen, daß Affen, die sich aus wel­chen Grün­den auch immer, in der Kopf set­zen, aus­zu­wan­dern aus dem Affen­pa­ra­dies, bereits über Kom­pen­sa­ti­ons­mög­lich­kei­ten ver­fü­gen mußten.—Während Instink­te auf Lebens­räu­me adap­tie­ren, ist eines der Merk­ma­le für die Son­der­stel­lung des Men­schen eine spe­zi­fi­sche Umweltoffenheit.

Phi­lo­so­phie beginnt mit Stau­nen, daher ist es ange­bracht, auch angeb­li­che Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten gene­rell in Fra­ge zu stel­len: Seit wann ver­fü­gen wir über Spra­che? War­um ›haben‹ wir eigent­lich Spra­che oder ›hat‹ die Spra­che nicht viel­mehr uns?—Was geschieht, wenn wir das Wort ergrei­fen oder auch, wenn uns Wor­te ergrei­fen? Wie ist es über­haupt mög­lich, daß wir sogar über ima­gi­nä­ren Wel­ten reden kön­nen, die nicht wirk­lich sind? 

Es ist erstaun­lich, daß wir mit Wor­ten auch Din­ge ›reprä­sen­tie­ren‹ kön­nen, die gar nicht vor­han­den sind. Selbst wenn Vor­stel­lun­gen an sich irre­al sind, erschei­nen sie gleich­wohl im Nu vor dem inne­ren Auge. Daher wird Stau­nen in der Phi­lo­so­phie zur Metho­de. Es gilt, sich erst ein­mal vor­stel­len zu kön­nen, was wir ver­ste­hen möch­ten. Der Umgang mit dem Fik­ti­ven ist daher von ganz erheb­li­cher Bedeutung. 

Allein die­se For­mu­lie­rung ›nicht wirk­lich‹ hat es in sich. Man könn­te fra­gen: Also was jetzt, wirk­lich oder nicht wirk­lich? Aber genau das, etwas in der Schwe­be las­sen zu kön­nen, macht Inspi­ra­ti­on erst möglich. 

Münch­hau­sens Aben­teu­er. Post­kar­ten­se­rie nach den Lügen­ge­schich­ten des Baron Münchhausen.—Quelle: Public Domain via Wikimedia.

Banal ist das alles nicht. Spra­che als sol­che ver­ste­hen zu wol­len bedeu­tet, den Men­schen als sol­chen ver­ste­hen zu müs­sen. Denn wir sind nur, weil wir Spra­che haben und die Spra­che hat uns. Zugleich sind da näm­lich auch Gren­zen, wie Lud­wig Witt­gen­stein konstatiert:

Die Gren­zen mei­ner Spra­che bedeu­ten die Gren­zen mei­ner Welt. (Lud­wig Witt­gen­stein: Trac­ta­tus. Satz 5.6.)

Es ist nicht ein­fach, aus­ge­rech­net in wich­ti­gen Momen­ten, die wie­der und wie­der vor­kom­men, die rich­ti­gen Wor­te zu finden.—Also wird bei Witt­gen­stein süf­fi­sant anempfohlen:

Wovon man nicht spre­chen kann, dar­über muß man schwei­gen.(Lud­wig Witt­gen­stein: Trac­ta­tus. Ebd. Satz 7.

Wenn Adam und Eva im Para­dies den Auf­trag erhiel­ten, für alles Namen zu fin­den, dann kann das nur der Anfang gewe­sen sein.—Menschliche Spra­che ist weit mehr als ein­fa­che Nomen­kla­tur , sie erzeugt gan­ze Vor­stel­lungs­wei­sen für Wirk­lich­kei­ten, Wahr­neh­mun­gen, Emp­fin­dun­gen und Sehn­süch­te. Sie kann mit Tabus auch ein­ge­schränk­te Wirk­lich­kei­ten erzeu­gen, die nicht zur Spra­che gebracht wer­den dürfen.

Es gilt, mit den Mit­teln der Spra­che über die Gren­zen unse­res Arti­ku­la­ti­ons– und Dif­fe­ren­zie­rungs­ver­mö­gens hinauszugehen.—Aber das ergrif­fe­ne Wort muß getra­gen sein von einer Welt­auf­fas­sung, von Welt­an­schau­un­gen, Kul­tur, Lebens­welt, Phi­lo­so­phie, Dich­tung, Kunst und Wis­sen­schaft, anson­sten wer­den die Wor­te sang– und klang­los ein­fach nur verklingen.

Reden über Abwesendes

Ent­schei­dend ist, daß die Wor­te oft selbst wie Reprä­sen­tan­ten fun­gie­ren. Wo etwas tabui­siert ist, wer­den Wor­te stumm. Damit ver­schwin­den aber auch die von die­sen Wor­ten reprä­sen­tier­ten Phä­no­me­ne. Sie gera­ten außer Reich­wei­te unse­rer Wahr­neh­mun­gen und ver­schwin­den jen­seits unse­res Vorstellungsvermögens.—Man wird ohne Sank­tio­nen nicht ein­mal mehr nach ihnen fragen.

John Col­lier (1850–1934): Col­lier: Priest­ess of Del­phi (1891).—Quelle: Public Domain via Wiki­me­dia.

Sie sind dann nicht mehr wahr­nehm­bar und auch nicht mehr mit­teil­bar. Es sind bemer­kens­wer­te dia­lo­gi­sche und dis­kur­si­ve Anfor­de­run­gen, die wir tag­täg­lich erfül­len, um im inne­ren Thea­ter unse­res kon­sen­su­al koor­di­nier­ten Vor­stel­lungs­ver­mö­gens die Kulis­sen solan­ge zu ver­schie­ben, bis wir ein­sichts­fä­hig werden.—Wie anspruchs­voll die­se Kunst eigent­lich ist und wor­auf es dabei ankommt, läßt sich an einem inter­es­san­ten Bei­spiel demonstrieren:

Fran­ci­ne Pat­ter­son, Forschungs–Direktorin der Kali­for­ni­schen Goril­la Foun­da­ti­on, hat­te in rund 25 Jah­ren ein Gorillaweib­chen namens Koko mit einer Zei­chen­spra­che im Umfang von etwa tau­send Zei­chen ver­traut gemacht, nebst eini­ger eng­li­scher Laut­wör­ter, um sich auf die­se Wei­se mit ihr ver­stän­di­gen zu können.

Ein Inter­net­pro­vi­der insze­nier­te dar­auf­hin als Wer­be­gag die Mög­lich­keit, mit Koko via Inter­net zu kom­mu­ni­zie­ren. Die Fra­gen soll­ten in die Zei­chen­spra­che über­setzt, Kokos Ant­wor­ten von Mit­ar­bei­tern am Ter­mi­nal ins Inter­net ein­ge­ge­ben werden.

„Der Chat begann, Tali­ka faß­te sich als erste Mut: ›Hal­lo Koko, es ist eine Ehre, dich zu tref­fen.‹ Kokos Ant­wort war erstaun­lich: ›Gut hier.‹ Und als der Mode­ra­tor die ersten Fra­gen ein­sam­mel­te, husch­te ein ent­schie­de­nes ›Koko liebt Essen!‹ über die Bild­schir­me. (…) Ob sie Vögel mag, woll­te einer wis­sen. Koko ging zum Fen­ster, schau­te hin­aus, und mein­te plötz­lich: ›Fake‹. Das kommt immer dann, wenn von Din­gen die Rede ist, die nicht hier und jetzt prä­sent sind, erklär­te Dr. Pat­ter­son.” (Die­ter Grön­ling: ›Koko liebt Essen!‹ Fra­ge­stun­de mit einem Flach­land­go­ril­la im Inter­net. In: die tages­zei­tung, 30. April 1998. S. 20.)

Man spricht offen­bar als Gorill­ada­me nicht über Abwe­sen­des, schon gar hin­ter dem Rücken der Din­ge, über Sachen und Lebe­we­sen, die im Augen­blick nicht ›da‹ sind.—Offenbar fehlt das Vor­stel­lungs­ver­mö­gen, so daß ein Fake dekla­riert wird, wenn Sachen nicht vor­han­den sind.

Da nun die Gram­ma­tik zustän­dig ist für die Onto­lo­gie, wird bereits im Vor­feld dar­über befun­den, ob etwas ›exi­stent‹ ist oder aber nicht. Und über Nicht–Vorhandenes zu reden, ist doch Unsinn, oder?—Es ist, als wür­de die Gram­ma­tik bei Koko strei­ken und jeden Ver­such ver­ei­teln, etwas zur Spra­che zu brin­gen, das nicht wirk­lich, son­dern nur in der Vor­stel­lung ›ist‹.

Dabei kön­nen Ima­gi­na­tio­nen zugleich vor­han­den und nicht vor­han­den sein, näm­lich in unse­rer Phan­ta­sie, die bei Bedarf auch flie­gen­de rosa­ro­te Ele­fan­ten zur Ver­fü­gung stellt. Inso­fern haben wir es bei Koko mit einem begrenz­ten Vor­stel­lungs­ver­mö­gen zu tun; Gren­zen, die wir als Men­schen anstands­los überschreiten.—Aber es ist nicht ein­fach, sich Phan­ta­sie als sol­che über­haupt vorzustellen.

Bewußt­sein läßt sich als System beschrei­ben, das mit einer gro­ßen Viel­falt von unter­schied­li­chen Beob­ach­tungs­be­ob­ach­tun­gen ope­riert. Dabei geht es um Blick­win­kel, Per­spek­ti­ven und Dif­fe­ren­zen, die gegen­ein­an­der und mit­ein­an­der ins Ver­hält­nis oder auch in Kon­trast gesetzt werden.—Dieses Beob­ach­ten von Wahr­neh­mungs­wahr­neh­mun­gen kann ad Infi­ni­tum immer kom­ple­xer wer­den, vom ein­fa­chen Bewußt­sein über das Selbst­be­wußt­sein, bis hin zum Geist.

Dem­nach gibt es stets ein Bewußt­sein, das aus ande­rer War­te ein ande­res in sei­ner Wahr­neh­mung beob­ach­tet. Erst dadurch wird die­se Wahr­neh­mung ihrer­seits ›bewußt‹.—Ich weiß dann nicht ein­fach nur, son­dern ich weiß, daß ich etwas weiß, des­sen ich mir bewußt bin.

Dar­in liegt einer der wesent­li­chen Unter­schie­de zu den Tie­ren: Es ist uns durch Erle­ben im eige­nen Vor­stel­lungs­ver­mö­gen mög­lich, so zu ver­fah­ren, als wären wir ›mit­ten­drin‹, inmit­ten der Ereignisse.—Dabei wis­sen wir zugleich, daß alles ›nur‹ ima­gi­niert ist, daß es rei­ne Phan­ta­sie­wel­ten sind.

Aller­dings kön­nen wir in und mit die­sen ima­gi­nä­ren Wel­ten unse­ren gei­sti­gen Hori­zont ganz beträcht­lich erwei­tern. Wir kön­nen alle erdenk­li­chen Erleb­nis­se, Erfah­run­gen und Beob­ach­tun­gen machen, die von erheb­li­cher Bedeu­tung sein können.

Phan­ta­sie ist eine erstaun­li­che Fähig­keit, die nicht genug gewür­digt wer­den kann. Der­weil liegt die eigent­li­che Kunst dar­in, eini­ger­ma­ßen ›kon­struk­tiv‹ zu ima­gi­nie­ren, um dann mög­lichst genau dar­über zu sprechen.

Quad­re ’L’art de la con­ver­sa’, de René Magrit­te. Expo­si­ció de Caix­afòrum a Bar­ce­lo­na, març de 2022.—Quelle: Public Domain via Wikimedia.

Die­se Illu­stra­ti­on bewußt mira­ku­lös. Unschwer ist zu erken­nen: Es ist ein ‚Magrit­te‘. Aber nicht die­ser ist hier das The­ma oder sein Sur­rea­lis­mus, auch die­ser steht nicht im Zen­trum. Tat­säch­lich han­delt es sich um den Aus­schnitt aus dem Kata­log einer Kunst­aus­stel­lung über René Magrit­te in Bar­ce­lo­na. Die Gemälde–Beschriftung lie­fert dazu einen siche­ren Anhalts­punkt.—Die­ses gan­ze Arran­ge­ment soll illu­strie­ren, daß wir hoch­kom­ple­xen Zusam­men­hän­ge ›lesen‹, ›inter­pre­tie­ren‹, ›deu­ten‹ und ›ver­ste­hen‹ können.

Daher rührt aber auch eine bis heu­te nach­wir­ken­de Urangst, weil unse­re Alt­vor­de­ren auf ›fre­vel­haf­te‹ Wei­se die Auto­ri­tät der Instink­te miß­ach­tet und durch Spra­che und Ima­gi­na­ti­on die Gren­zen der tie­ri­schen Lebens­wel­ten über­tre­ten und über­wun­den haben.

Das Ima­gi­na­ti­ons­ver­mö­gen erlaubt uns, auch Abwe­sen­des zur Spra­che zu brin­gen, als Kom­pen­sa­ti­on für die ver­lo­re­ne Instinktsicherheit.—So sind wir uns in der Vor­stel­lung selbst immer einen Schritt vor­aus, aber auch nur sel­ten ›eins mit uns selbst‹.

So wur­den neue Mög­lich­kei­ten eröff­net, sich selbst ori­en­tie­ren zu kön­nen, etwa durch Erfah­rungs­aus­tausch und durch Wei­ter­ga­be von Wis­sen. Kul­tur wur­de als etwas völ­lig Neu­es erschaf­fen, als Gegen­welt zur Natur.—Dabei wur­den die Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen für ein Vor­stel­lungs­ver­mö­gen, mit dem es mög­lich wur­de, sich in der gan­zen Welt selbst ori­en­tie­ren zu können.

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Der Anbie­ter ver­ar­bei­tet unter­schied­li­che Daten, wobei der Umfang der ver­ar­bei­te­ten Daten davon abhängt, wel­che Daten Sie vor oder wäh­rend der Teil­nah­me an einem Online-Mee­ting, einer Video­kon­fe­renz oder einem Web­i­nar mit­tei­len. Es wer­den Ihre Daten als Kom­mu­ni­ka­ti­ons­teil­neh­mer ver­ar­bei­tet und auf Ser­vern des Anbie­ters gespei­chert. Dies kön­nen ins­be­son­de­re Ihre Anmel­de­da­ten (Name, E‑Mail-Adres­se, Tele­fon­num­mer (optio­nal) und Pass­wort) und Sit­zungs­da­ten (The­ma, Teil­neh­mer-IP-Adres­se, Gerä­te­in­for­ma­tio­nen, Beschrei­bung (optio­nal)) sein.

Dar­über hin­aus kön­nen Bild- und Ton­bei­trä­ge der Teil­neh­mer sowie Sprach­ein­ga­ben in Chats ver­ar­bei­tet werden.
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Im Übri­gen ist Rechts­grund­la­ge für die Daten­ver­ar­bei­tung bei der Durch­füh­rung von Online-Mee­tings, Video­kon­fe­ren­zen oder Web­i­na­ren unser berech­tig­tes Inter­es­se gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO an der effek­ti­ven Durch­füh­rung des Online-Mee­tings, Web­i­nars oder der Videokonferenz.

Wir haben mit dem Anbie­ter einen Auf­trags­ver­ar­bei­tungs­ver­trag geschlos­sen, der den Schutz der Daten unse­rer Sei­ten­be­su­cher sicher­stellt und eine unbe­fug­te Wei­ter­ga­be an Drit­te untersagt.

Für die Über­mitt­lung von Daten in die USA beruft sich der Anbie­ter auf Stan­dard­ver­trags­klau­seln der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on, wel­che die Ein­hal­tung des euro­päi­schen Daten­schutz­ni­veaus sicher­stel­len sollen.

5) Rechte des Betroffenen

5.1 Das gel­ten­de Daten­schutz­recht gewährt Ihnen gegen­über dem Ver­ant­wort­li­chen hin­sicht­lich der Ver­ar­bei­tung Ihrer per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten die nach­ste­hen­den Betrof­fe­nen­rech­te (Aus­kunfts- und Inter­ven­ti­ons­rech­te), wobei für die jewei­li­gen Aus­übungs­vor­aus­set­zun­gen auf die ange­führ­te Rechts­grund­la­ge ver­wie­sen wird:

  • Aus­kunfts­recht gemäß Art. 15 DSGVO;
  • Recht auf Berich­ti­gung gemäß Art. 16 DSGVO;
  • Recht auf Löschung gemäß Art. 17 DSGVO;
  • Recht auf Ein­schrän­kung der Ver­ar­bei­tung gemäß Art. 18 DSGVO;
  • Recht auf Unter­rich­tung gemäß Art. 19 DSGVO;
  • Recht auf Daten­über­trag­bar­keit gemäß Art. 20 DSGVO;
  • Recht auf Wider­ruf erteil­ter Ein­wil­li­gun­gen gemäß Art. 7 Abs. 3 DSGVO;
  • Recht auf Beschwer­de gemäß Art. 77 DSGVO.

5.2 WIDERSPRUCHSRECHT

WENN WIR IM RAHMEN EINER INTERESSENABWÄGUNG IHRE PERSONENBEZOGENEN DATEN AUFGRUND UNSERES ÜBERWIEGENDEN BERECHTIGTEN INTERESSES VERARBEITEN, HABEN SIE DAS JEDERZEITIGE RECHT, AUS GRÜNDEN, DIE SICH AUS IHRER BESONDEREN SITUATION ERGEBEN, GEGEN DIESE VERARBEITUNG WIDERSPRUCH MIT WIRKUNG FÜR DIE ZUKUNFT EINZULEGEN.

MACHEN SIE VON IHREM WIDERSPRUCHSRECHT GEBRAUCH, BEENDEN WIR DIE VERARBEITUNG DER BETROFFENEN DATEN. EINE WEITERVERARBEITUNG BLEIBT ABER VORBEHALTEN, WENN WIR ZWINGENDE SCHUTZWÜRDIGE GRÜNDE FÜR DIE VERARBEITUNG NACHWEISEN KÖNNEN, DIE IHRE INTERESSEN, GRUNDRECHTE UND GRUNDFREIHEITEN ÜBERWIEGEN, ODER WENN DIE VERARBEITUNG DER GELTENDMACHUNG, AUSÜBUNG ODER VERTEIDIGUNG VON RECHTSANSPRÜCHEN DIENT.

WERDEN IHRE PERSONENBEZOGENEN DATEN VON UNS VERARBEITET, UM DIREKTWERBUNG ZU BETREIBEN, HABEN SIE DAS RECHT, JEDERZEIT WIDERSPRUCH GEGEN DIE VERARBEITUNG SIE BETREFFENDER PERSONENBEZOGENER DATEN ZUM ZWECKE DERARTIGER WERBUNG EINZULEGEN. SIE KÖNNEN DEN WIDERSPRUCH WIE OBEN BESCHRIEBEN AUSÜBEN.

MACHEN SIE VON IHREM WIDERSPRUCHSRECHT GEBRAUCH, BEENDEN WIR DIE VERARBEITUNG DER BETROFFENEN DATEN ZU DIREKTWERBEZWECKEN.

6) Dauer der Speicherung personenbezogener Daten

Die Dau­er der Spei­che­rung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten bemisst sich anhand der jewei­li­gen Rechts­grund­la­ge, am Ver­ar­bei­tungs­zweck und – sofern ein­schlä­gig – zusätz­lich anhand der jewei­li­gen gesetz­li­chen Auf­be­wah­rungs­frist (z.B. han­dels- und steu­er­recht­li­che Aufbewahrungsfristen).

Bei der Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten auf Grund­la­ge einer aus­drück­li­chen Ein­wil­li­gung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO wer­den die betrof­fe­nen Daten so lan­ge gespei­chert, bis Sie Ihre Ein­wil­li­gung widerrufen.

Exi­stie­ren gesetz­li­che Auf­be­wah­rungs­fri­sten für Daten, die im Rah­men rechts­ge­schäft­li­cher bzw. rechts­ge­schäfts­ähn­li­cher Ver­pflich­tun­gen auf der Grund­la­ge von Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO ver­ar­bei­tet wer­den, wer­den die­se Daten nach Ablauf der Auf­be­wah­rungs­fri­sten rou­ti­ne­mä­ßig gelöscht, sofern sie nicht mehr zur Ver­trags­er­fül­lung oder Ver­trags­an­bah­nung erfor­der­lich sind und/​oder unse­rer­seits kein berech­tig­tes Inter­es­se an der Wei­ter­spei­che­rung fortbesteht.

Bei der Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten auf Grund­la­ge von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO wer­den die­se Daten so lan­ge gespei­chert, bis Sie Ihr Wider­spruchs­recht nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO aus­üben, es sei denn, wir kön­nen zwin­gen­de schutz­wür­di­ge Grün­de für die Ver­ar­bei­tung nach­wei­sen, die Ihre Inter­es­sen, Rech­te und Frei­hei­ten über­wie­gen, oder die Ver­ar­bei­tung dient der Gel­tend­ma­chung, Aus­übung oder Ver­tei­di­gung von Rechtsansprüchen.

Bei der Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten zum Zwecke der Direkt­wer­bung auf Grund­la­ge von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO wer­den die­se Daten so lan­ge gespei­chert, bis Sie Ihr Wider­spruchs­recht nach Art. 21 Abs. 2 DSGVO ausüben.

Sofern sich aus den son­sti­gen Infor­ma­tio­nen die­ser Erklä­rung über spe­zi­fi­sche Ver­ar­bei­tungs­si­tua­tio­nen nichts ande­res ergibt, wer­den gespei­cher­te per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten im Übri­gen dann gelöscht, wenn sie für die Zwecke, für die sie erho­ben oder auf son­sti­ge Wei­se ver­ar­bei­tet wur­den, nicht mehr not­wen­dig sind.


Was tun, wenn ‚die‘ Frau wütend ist?

Michail Ser­ge­je­witsch Gor­bat­schow, der ehren­wer­te und letz­te Staats­prä­si­dent der Sowjet­uni­on, hat­te bekann­ter­ma­ßen ein äußerst inni­ges Ver­hält­nis zu sei­ner Frau Rais­sa Maxi­mow­na Gorbatschowa. 

Man hat ihn spä­ter hier in Mün­ster des­öf­te­ren am Aasee spa­zie­ren gese­hen, als sei­ne Frau, übri­gens eine Phi­lo­so­phin, mit dem Krebs kämpf­te.

Bei­de kann­ten sich lang und waren, wie es nur weni­ge Paa­re fer­tig brin­gen, wirk­lich ein Team. In ihr hat­te er eine unbe­stech­li­che Rat­ge­be­rin, so wie es Pla­ton idea­li­siert hat. Er stellt die Phi­lo­so­phen­kö­ni­ge vor wie wel­che, die ein­fach des­we­gen nicht bestech­lich sind, weil sie schon „alles” haben, was nicht mit Geld zu bezah­len ist.

Gor­bat­schows Ver­zweif­lung über ihren Tod dürf­te nicht min­der groß gewe­sen sein, wie die ange­sichts der schier unlös­ba­ren Auf­ga­be, den Sau­ri­er Sowjet­uni­on mit einem heim­tückisch tak­tie­ren­den Westen im Nacken den­noch wie­der auf Kurs zu brin­gen. Von wegen kei­ne Ost­erwei­te­rung der NATO, von wegen „gemein­sa­mes Haus Europa”.

Ein Putsch mach­te alle Hoff­nun­gen zunich­te und brach­te einen Trun­ken­bold wie Jel­zin ans Ruder und Olig­ar­chen, die sich das ehe­ma­li­ge Volks­ver­mö­gen unter den Nagel geris­sen haben. Im Wind­schat­ten die­ser Ver­wer­fun­gen fand Putin als Nach­fol­ger sei­nen Weg zur Macht, der das alles natür­lich als demü­ti­gen­de Kata­stro­phe emp­fun­den hat.

Gustav Klimt: Umarmung (1909).

Gustav Klimt: Umar­mung (1909).

Aber nun zur Fra­ge: Was hat Gor­bat­schow gemacht, wenn Rais­sa Maxi­mow­na Gor­bat­scho­wa wütend war? Er hat es in einem Inter­view selbst aus­ge­plau­dert und für mich klang es auch ein wenig wie eine Emp­feh­lung, was denn nun männ­li­cher­seits zu tun sei in sol­chen Fäl­len, wenn „die” Frau außer sich ist vor Wut.

Er habe sie in sei­ne Arme genom­men und fest umschlos­sen, um sie auch bei Gegen­wehr ganz nahe fest zu hal­ten, bis sich der Zorn, die Wut und die Ver­zweif­lung wie­der legten.—Das scheint in der Tat hilf­reich zu sein, denn ich habe gese­hen, daß es ins­be­son­de­re bei Kin­dern und Men­schen in psy­chi­schen Aus­nah­me­zu­stän­den posi­tiv wir­ken kann, ein­fach nur „gehal­ten zu wer­den”, bis es wie­der bes­ser geht.

Der Grund dürf­te dar­in lie­gen, daß die Wut selbst zum Aus­druck gebracht wer­den kann: Anfangs wehrt sie sich viel­leicht noch vehe­ment gegen die macht­vol­le Umklam­me­rung. Der Zorn wird also anfangs immer stär­ker, bis er selbst sein Limit erreicht hast, denn er kann ja nun aus­ge­lebt wer­den. All­mäh­lich ver­aus­gabt sich der Zorn jedoch, dann er kann den inne­ren Druck wie durch ein Ven­til ablas­sen. 

Es mag einen ande­ren Ein­druck machen aber es ist kei­ne Gewalt, es ist eher wie der Schutz vor wei­te­ren Zor­nes­aus­brü­chen. Das wird mög­lich, weil die Wut und die mit ihr ein­her­ge­hen­de Ver­zweif­lung nun ihren Aus­druck gefun­den hat und mit­ge­teilt wer­den kann. 

Wer zu woke ist, den bestraft das Leben

Aber wie es in die­sen des­ori­en­tier­ten Zei­ten üblich ist, wer­den man­che ganz gewiß jetzt Zeter und Mor­dio schrei­en: Ist das nicht Gewalt gegen die Frau?—Oh je.

Wer zu woke ist, den bestraft das Leben.—Die For­mel stammt übri­gens nicht von ihm, son­dern von einem sei­ner Spre­cher. Das geflü­gel­te Wort wur­de zum Ora­kel­spruch. Es fiel auf einem infor­mel­len Tref­fen mit Pres­se­ver­tre­tern beim Staats­be­such von „Gor­bi” in Ost­ber­lin: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Damit ist auch etwas dar­über gesagt, was das Leben aus­macht. Es bie­tet Gele­gen­hei­ten, die ver­tan sind, wenn sie nicht ergrif­fen wer­den. – Wir soll­ten Mög­lich­kei­ten für unse­re Sehn­süch­te dar­aus machen, die tief in uns schlum­mern, um wach­ge­küßt zu wer­den. Aber dazu braucht es Nähe, Ver­trau­en und wohl auch die Gewiß­heit, daß alles wie­der gut wer­den kann. 


Menschenbilder

Für eine neue Pädagogische Anthropologie

Die Auf­ga­ben für Lehr­kräf­te stei­gen seit Jah­ren, weil Gesell­schaft und Staat kei­ne Vor­stel­lung mehr haben, wor­auf es ankommt.—Aus Bil­dung ist Aus­bil­dung gewor­den und das vor dem unmensch­li­chen Bild einer „natür­li­chen” Aus­le­se, als leb­ten wir noch im Tierreich.

Die Zahl der Lehr­kräf­te wird immer gerin­ger, weil es kaum noch ein belast­ba­res, posi­ti­ves Men­schen­bild gibt und Über­zeu­gun­gen, dafür auch ein­tre­ten zu können.—Und die Gesell­schaft gefällt sich dar­in, alles ein­fach nur abzuwälzen.

Im Zuge der Corona–Krise ist deut­lich gewor­den, daß etwas faul ist mit dem mis­an­thro­pi­schen Men­schen­bild. Die Zei­ten sind vor­bei, als reli­giö­se oder poli­ti­sche Ideo­lo­gien noch die Vor­stel­lun­gen von der „Bil­dung des Men­schen­ge­schlechts” beherrsch­ten. Nur der Mis­an­thro­pis­mus ist noch geblieben.

Aber den mie­sen Men­schen­bil­dern kann man bei­kom­men. Es gilt, eine all­ge­mei­ne Rat­lo­sig­keit, die nicht sel­ten in tie­fe Ver­zweif­lung füh­ren, durch neue Zuver­sicht zu überwinden.

Dazu braucht es wie­der ein stand­fe­stes Auf­tre­ten von Phi­lo­so­phen, Erzie­hungs­wis­sen­schaft­le­rin­nen, Päd­ago­gen und Päd­ago­gin­nen. Aber die­se müs­sen sich erst ein­mal ihrer­seits neu über­zeu­gen von der Bedeu­tung ihres Tuns und von der Legi­ti­mi­tät ihrer Professionen.

Zunächst ist in der Päd­ago­gik selbst ein wie­der moti­vie­ren­des Men­schen­bild erforderlich.—Die Theo­rien dazu sind da. Es kommt nun dar­auf an, eine zeit­ge­mä­ße Pra­xis und ein neu­es Selbst­ver­ständ­nis auf die­sen Fun­da­men­ten zu errichten.

Auf das Menschenbild kommt es an

Seit Jah­ren gebe ich Semi­na­re für ange­hen­de Leh­rer und Leh­re­rin­nen am KIT in Karlsruhe.—Aber jetzt möch­te ich nicht mehr nur exklu­siv dort wir­ken, son­dern Semi­na­re zur Super­vi­si­on, zum Atem­ho­len, Über­le­gen, Nach­den­ken und zu neu­em Mut anbie­ten. Denn mir ist immer wie­der auf­ge­fal­len: Die Moti­vation kann nur von innen kom­men, von einem Men­schen­bild, das von einer inne­ren Wär­me erfüllt ist.

Der vitru­via­ni­sche Mensch
Leo­nar­do da Vin­ci, ca. 1490;
Gal­le­ria dell’ Acca­de­mia, Venedig.

In der Theo­rie gibt es die­se Per­spek­ti­ven bereits seit 1928, als mit der Anthro­po­lo­gi­schen Wen­de die ersten Dis­kur­se auf­ka­men dar­über, wel­che wis­sen­schaft­lich gesi­cher­ten Aus­sa­gen gemacht wer­den kön­nen über das ver­meint­li­che „Wesen des Menschen”.

Damals ent­stand die Anthro­po­lo­gie als trans­dis­zi­pli­nä­rer Dis­kurs über die „Con­di­tio humana”.—Inzwischen ist dar­aus ein beein­drucken­des Ensem­ble aus einer Viel­zahl aller erdenk­li­cher Wis­sen­schaf­ten aus Natur–, Kul­tur– und Gei­stes­wis­sen­schaf­ten geworden.

In Zwei­fels­fäl­len kön­nen wir die­se Dis­kur­se wie ein Ora­kel anru­fen, um Fra­gen zu beant­wor­ten, deren Ant­wor­ten oft nur vor­ein­ge­nom­men sind. In sol­chen Streit­fra­gen wirkt die Anthro­po­lo­gie wie ein wis­sen­schaft­li­ches Orakel.

Wich­tig ist nicht nur, was aus­ge­sagt wird, son­dern auch wie und auf wel­che Fra­gen wir tat­säch­lich erschöp­fen­de Ant­wor­ten erhal­ten. So läßt sich man­ches sehr klar ent­schei­den, weil es um beleg­ba­re Fak­ten und rekon­stru­ier­ba­re Zusam­men­hän­ge geht, die sich erör­tern lassen.

Aber noch inter­es­san­ter wird es, wenn wir von der Anthro­po­lo­gie gar kei­ne oder nicht erschöp­fen­de Ant­wor­ten erhal­ten, son­dern nur noch die Aus­kunft, es wür­de ein Prin­zip zugrun­de lie­gen. So ist die Ant­wort auf die Fra­ge nach dem Wesen des Men­schen in etwa so zu beant­wor­ten, daß es dar­in liegt, sich selbst zu kul­ti­vie­ren, sich selbst zu „bil­den”. Dann wird deut­lich, wie sehr das mensch­li­che Wesen davon geprägt ist, „offen” zu sein.

Wir sind nicht vor­de­fi­niert wie Tie­re, wir sind zur Frei­heit gebo­ren, was aber auch mit Frei­heits­schmer­zen ver­bun­den ist.—Daher brau­chen wir Men­to­ren in der Funk­ti­on von Heb­am­men, Beglei­tern und Rat­ge­be­rin­nen bereits bei den ersten Schrit­ten und auch spä­ter noch auf dem Weg in eine ganz indi­vi­du­el­le Zukunft, in der es glück­lich macht, sich selbst bei er eige­nen Ent­fal­tung über die Schul­ter zu sehen.

Die „Unbe­stimmt­heit” des mensch­li­chen Wesens ist das, was die „Wür­de des Men­schen” aus­macht. Dar­in liegt das eigent­li­che Geheim­nis des Erfolgs in der Menschheitsgeschichte.
Wir ste­hen auf den Schul­tern von Riesen.